Altpapier muss als Rohstoff anerkannt werden

Altpapier ist kein Abfall, sondern einer der wichtigsten Rohstoffe der Papierindustrie. Gesetze können eine funktionierende Kreislaufwirtschaft unterstützen aber auch behindern. Das aktuelle Abfallwirtschaftsgesetz bedarf einer Anpassung, um weitere Lieferverzögerungen und Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern.

Die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) sieht seit Anfang des Jahres vor, dass alle Abfalltransporte über zehn Tonnen und einer Distanz von über 300 Kilometern auf die Schiene verlagert werden müssen. Das gilt auch für Altpapier. Die Austropapier-Mitglieder transportieren bereits seit Jahren rund 40 Prozent des gesamten Altpapieraufkommens auf der Schiene und sind innerhalb der Industrie Vorreiter in Bezug auf klimaschonende Transportwege.

Da viele Altpapier-Quellen regional um die Verwertungsstandorte verteilt sind, kommen aus ökonomischer Sicht oft nur Lkw-Transporte in Frage. Ein Großteil der Papierindustrie verfügt über einen Bahnanschluss. Für viele Zulieferer gilt das jedoch nicht. Durch einen verpflichteten Bahntransport werden für Zulieferer zusätzliche und längere Lkw-Fahrten von und zu Altpapier-Übernahmestellen an Bahnhöfen nötig. Dies wäre bei Direktlieferungen nicht der Fall.

Abfrageplattform offenbart Schwächen und erhöht Kosten

Ausnahmen soll es etwa bei Nichtverfügbarkeit von Bahnwaggons geben. Darüber entscheiden allerdings für jeden einzelnen Transport und mit einer Wartezeit von bis zu zwei Werktagen die Expert:innen des Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK). Die zu verwendende Online-Abfrageplattform zur Verifizierung der notwendigen Bahntransporte, in der alle Transporte angemeldet und Versandort sowie Bestimmungsort angegeben werden müssen, weist jedoch erhebliche Schwächen auf. „Funktionierende Altpapier-Bahntransporte mit deutlich über 300 Kilometern von Tirol in die Steiermark müssen laut Plattform nicht per Bahn durchgeführt werden, obwohl wir diese Strecken schon seit Jahren problemlos mit der Bahn bewerkstelligen“, erklärt Josef Augusta, Geschäftsführer von Austria Papier Recycling (APR), einem Gemeinschaftsunternehmen österreichischer Papierfabriken für die Altpapier-Beschaffung. Zusätzlich werde laut Augusta durch die Online-Eingabeplattform ein massiver administrativer und finanzieller Mehraufwand für die Unternehmen verursacht. Die oft mehrtätige Frist bis zur Anfrage-Beantwortung führe zu Lieferverzögerungen und wirtschaftlichen Nachteilen.

„Die Regelung widerspricht der von der EU geplanten Erleichterung von Abfalltransporten innerhalb der EU zur Stärkung der Recyclingprozesse. Die österreichischen Entsorgungsbetriebe haben erhebliche Wettbewerbsnachteile, weil wertvolle Ressourcen nicht mehr im Land bleiben, sondern den kürzeren Weg Richtung angrenzender Länder nehmen“, erklärt Harald Höpperger, Obmann des Fachverbands Entsorgungs- und Ressourcenmanagement in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Wettbewerbsnachteil durch Überregulierung

Ab 2024 unterliegen Altpapiertransporte bereits ab 200 Kilometern dieser Regelung, ab 2026 sind es nur noch 100 Kilometer. Da es sich hier um einen Alleingang Österreichs handelt, ist zu befürchten, dass Altpapierlieferanten die heimischen Grenzen künftig meiden werden und das Altpapier in den Nachbarländern bleibt. Da rund die Hälfte der 2,5 Mio. Tonnen Altpapier, die pro Jahr in Österreich eingesetzt werden, von Importen kommt, wäre das ein massiver Wettbewerbsnachteil für die heimische Papierindustrie. Mit einer Exportquote von fast 90 Prozent ist die heimische Papierindustrie auf faire Wettbewerbsbedingungen in ganz Europa angewiesen. „Die Schiene wird bereits mehr genutzt als es das Gesetz verlangt. Es ist kontraproduktiv, in einen logistisch gut funktionierenden Markt derart hoheitlich und planwirtschaftlich einzugreifen“, kritisiert Harald Ganster, Vorsitzender des Altpapier-Ausschusses von Austropapier.

Dank einer gelebten Kreislaufwirtschaft und einer Recycling-Quote von knapp 80 Prozent in Österreich – das ist europaweit führend – ist die heimische Papierindustrie in der Lage, Ressourcen sparsam und effizient einzusetzen. Eine umso größere Rolle bekommt daher Altpapier als Rohstoff. „Aus unserer Sicht muss Altpapier als Rohstoff anerkannt werden, da die Papierindustrie recycelte Rohstoffe wieder als Produkte in den Umlauf bringt und damit die Kreislaufwirtschaft stärkt. Das ist ganz im Sinne des Green Deal und entspricht den Vorgaben der EU“, erklärt Austropapier-Geschäftsführerin Sigrid Eckhardt.

Eine sukzessive Verlagerung der Transporte von der Straße auf die Schiene werde von der gesamten Branche nicht nur befürwortet, sondern seit Jahren praktiziert und entspreche auch den langjährigen Bemühungen zur Dekarbonisierung der Papierindustrie. „Eine planwirtschaftliche Überregulierung mit kaum bis gar keinem Nutzen für die CO2-Bilanz ist sicherlich der falsche Weg“, so Eckhardt abschließend und verweist auf die Bahnoffensive des Landes Niederösterreich als positives Beispiel einer Förderung anstelle von Überregulierung.

Austropapier – Vereinigung der Österreichischen Papierindustrie

Seit 150 Jahren vertritt Austropapier – die Vereinigung der Österreichischen Papierindustrie – die Interessen der 23 Mitglieder und ihrer insgesamt 7.700 Beschäftigten. In Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern, der Politik, Universitäten und Kooperationspartner:innen entlang der Wertschöpfungskette widmet sich Austropapier den wichtigen Themen Energie- und Rohstoffpolitik, Dekarbonisierung, Kreislaufwirtschaft, Bioökonomie, Forschung & Innovation sowie der Ausbildung von Fachkräften.

Rückfragen

Alexander Wolschann
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