EU-Klimagesetz: Carbon Capture, Storage und Removals als Schlüssel zur Klimaneutralität?
Mit dem EU-Klimagesetz hat sich die Europäische Union dazu verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden und die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 zu senken. Im Juli veröffentlichte die Europäische Kommission ihr 2040-Klimaziel: Demnach sollen die Emissionen um 90 % reduziert werden. Dieses ambitionierte Ziel erfordert den Einsatz verschiedener Technologien. Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS) sowie Carbon Removals gelten dabei als vielversprechende Ansätze, um Emissionen nachhaltig zu reduzieren.
Ein Pilotprojekt in diesem Bereich ist „Northern Lights“ in Norwegen. Hier entsteht die erste grenzüberschreitende Infrastruktur für CO₂-Abscheidung und -Speicherung (CCS) in Europa. Ziel ist es, abgeschiedenes CO₂ aus Industrieanlagen zunächst an der norwegischen Küste zu sammeln, per Schiff zu transportieren und anschließend in unterseeische Speicher unter der Nordsee dauerhaft zu speichern. Ab 2025 soll der Regelbetrieb mit einer anfänglichen Kapazität von 1,5 Mio. Tonnen CO₂ pro Jahr aufgenommen werden.
Ein Teil dieses Pilotprojekts ist die Anlage am Zementwerk von Heidelberg Materials in Brevik, Norwegen. Dort wurde eine der weltweit ersten industriellen CCS-Anlagen speziell für die Zementproduktion errichtet. Sie kann rund 400.000 Tonnen CO₂ jährlich abscheiden – etwa 50 % der Gesamtemissionen des Werks. Diese Menge wird per Schiff zu einem Onshore-Terminal an der norwegischen Westküste transportiert. Das verflüssigte CO2 wird in weiterer Folge per Pipeline zum Speicherort unterhalb der Nordsee transportiert und dort eingelagert. Die Zementindustrie, eine der emissionsintensivsten Branchen, könnte damit einen wichtigen Beitrag zur europäischen Klimastrategie leisten.
Österreich entwickelt derzeit eine nationale Carbon-Management-Strategie. Zentral dabei ist der Aufbau einer leistungsfähigen CO₂-Infrastruktur, die industrielle Abscheidung, Transport und Speicherung ermöglicht. Eine enge Zusammenarbeit auf EU-Ebene ist dafür von entscheidender Bedeutung.
Der aktuelle Entwurf des EU-Klimagesetzes räumt zudem Carbon Removals eine Schlüsselrolle ein. Darunter fallen sowohl technologische Verfahren (z. B. Direct Air Capture oder geologische Speicherung) als auch natürliche Senken wie Wälder und Böden. Beide sind entscheidend, um die Netto-Null-Ziele zu erreichen.
Besonders großes Potenzial birgt das sogenannte Bio-CCS: Dabei wird CO₂, das bei der Nutzung von Biomasse entsteht, abgeschieden und dauerhaft gespeichert. Da es sich um biogenen Kohlenstoff handelt, können auf diese Weise negative Emissionen erzielt werden – also eine aktive Entfernung von CO₂ aus der Atmosphäre. Für die Papier- und Zellstoffindustrie, die traditionell stark auf erneuerbare Rohstoffe setzt, eröffnet sich hier eine Schlüsselrolle. Ihre Prozesse erzeugen biogenes CO₂ in relevanten Mengen, das sich technisch relativ einfach abtrennen lässt. Mit gezielten Investitionen könnten Papierfabriken somit nicht nur klimaneutral, sondern sogar klimapositiv wirtschaften und so erheblich zur Erreichung der europäischen Klimaziele beitragen.
Fest steht: Sowohl Carbon Capture als auch Carbon Removals werden zu unverzichtbaren Bestandteilen der europäischen Klimapolitik und bilden eine zentrale Brücke hin zur Klimaneutralität. Die Papier- und Zellstoffindustrie in Österreich hat bereits eine Net-Zero-Roadmap zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 entwickelt. Darin nehmen beide Technologien eine Schlüsselrolle ein – sowohl als Instrument zur Reduktion verbleibender Emissionen als auch als Chance, durch negative Emissionen einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Hier können Sie ebenfalls unser Positionspapier ,,Road to net Zero“ durchblättern oder herunterladen.
