Flüssige Biobrennstoffe: Zertifizierungsengpässe und dringender Anpassungsbedarf der BMEN-VO
Die Nutzung flüssiger Biobrennstoffe gewinnt für die Energie- und Wärmeerzeugung zunehmend an Bedeutung – gerade auch als Baustein für die Dekarbonisierung energieintensiver Branchen. Doch in Österreich stehen Unternehmen derzeit vor erheblichen regulatorischen Herausforderungen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit schwächen und bestehende Klimaschutzleistungen nicht anerkennen.
Aktuelle Situation in Österreich
Nach geltender Rechtslage verlangt Österreich, dass der Einsatz flüssiger Biobrennstoffe zur Erzeugung von Energie und Wärme gemäß der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) der Europäischen Union, zertifiziert wird. Die RED selbst sieht jedoch keinen Nachweis von Nachhaltigkeitskriterien oder Treibhausgasminderungen beim Einsatz dieser Brennstoffe vor. Diese Nachweise sind ausschließlich bei der Produktion der Biobrennstoffe zu erbringen.
In Österreich wird die Vorgabe allerdings verschärft: das österreichische Umsetzungsgesetz der RED verpflichtet Anlagenbetreiber, durch eine Zertifizierung sowohl die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien als auch die Treibhausgas-Einsparungen beim Einsatz nachzuweisen. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie ihre tatsächlich erreichten THG-Minderungen nicht geltend machen können, obwohl sie im Einklang mit den europäischen Vorgaben handeln.
Engpässe bei der Zertifizierung
Die Situation wird durch eine weitere Hürde verschärft. In Österreich gibt es derzeit nur eine Stelle, die solche Zertifizierungen durchführen kann. Daraus resultieren potenzielle Engpässe und Verzögerungen, die die Umsetzung weiter erschweren. Für Unternehmen bedeutet das nicht nur zusätzliche Unsicherheit, sondern auch steigende Kosten durch den Erwerb zusätzlicher ETS-Zertifikate – trotz des Einsatzes nachhaltiger Brennstoffe.
Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu Deutschland
Ein Blick nach Deutschland verdeutlicht die Wettbewerbsnachteile: Dort ist beim Einsatz flüssiger Biobrennstoffe kein zusätzlicher Nachhaltigkeitsnachweis erforderlich. Die Treibhausgas-Minderung muss ausschließlich auf der Ebene der Produktion nachgewiesen werden – so wie es die RED vorsieht. Damit können deutsche Unternehmen ihre Emissionsminderungen anrechnen, während österreichische Betriebe de facto bestraft werden.
Diese Diskrepanz führt zu einem klassischen Fall von Gold-Plating. Österreich geht über die EU-Vorgaben hinaus und belastet die Industrie mit unnötiger Bürokratie. Das Ergebnis sind höhere Kosten, ein verschlechterter Standortfaktor und der Verlust anerkannter Klimaschutzleistungen in den offiziellen Bilanzen.
Notwendigkeit einer Anpassung der BMEN-VO
Die laufende Überarbeitung der BMEN-VO bietet eine wichtige Chance, diese Schieflage zu korrigieren. Eine Anpassung an die deutsche Lösung sollte oberste Priorität haben – nicht nur, um die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie zu sichern, sondern auch, um die erreichten THG-Einsparungen korrekt zu bilanzieren und so den nationalen und europäischen Klimazielen gerecht zu werden.
Fazit
Flüssige Biobrennstoffe sind ein wichtiges Instrument für die Energiewende und die Dekarbonisierung industrieller Prozesse. Unternehmen der Papierindustrie sind bereit, in nachhaltige Lösungen zu investieren – doch die aktuelle Ausgestaltung der RED in Österreich verhindert, dass ihre Bemühungen anerkannt werden. Eine rasche Anpassung an die europarechtskonforme deutsche Lösung ist daher dringend erforderlich. Nur so lassen sich Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit und Bürokratieabbau sinnvoll miteinander verbinden.