banner 1000x2502


Jahresbericht

Corona blieb auch dieses Jahr das große Thema, sowohl in medizinischer als auch in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht – doch diesmal unter umgekehrten Vorzeichen: Während die Pandemie die Gesellschaft 2020 unvorbereitet getroffen hatte, waren nun, im Umgang mit den Virus-Varianten Delta und Omikron, die medizinischen Umstände und die notwendigen Maßnahmen wie 2G und 3G, Quarantäne und Lockdowns, Homeoffice und Kurzarbeit bekannt und etabliert. Dazu kam, dass ab dem Frühjahr mehrere zugelassene Impfstoffe zur Verfügung standen. Auch wirtschaftlich verlief das Jahr 2021 positiver. Während 2020 zwei Quartale von Rezession gekennzeichnet waren, setzte danach ein kräftiger Aufschwung ein, der zwar zu diversen Engpässen in den Versorgungsketten führte, die Wirtschaftsleistung bis Jahresende aber wieder auf Vorkrisenniveau und der Papierproduktion ein Plus von über 7 Prozent brachte. Auch politisch war 2021 ein Novum – ein Drei-Kanzler-Jahr. Während sich die türkis-grüne Koalition zu Pandemie-Beginn im Umfragehoch befand, beschränkten mehrere Vorwürfe und Untersuchungen die  handlungsfähigkeit der Regierung so sehr, dass einige ÖVP-Mitglieder zurücktreten mussten, allen voran Bundeskanzler Kurz und Finanzminister Blümel. Als Interimskanzler wurde Außenminister Schallenberg angelobt, dem jedoch schon im Dezember 2021 Innenminister Nehammer folgte. Im Februar 2022, als der Konflikt in der Ukraine eskalierte, traten alle diese Themen jedoch in den Hintergrund. Krieg in Europa legte für alle eine ganz neue Agenda fest.

KENNZAHLEN

5,1 Mio. Tonnen PAPIER
2,0 Mio. Tonnen ZELLSTOFF
 4,1 Mrd. Euro UMSATZ
7.600 Mitarbeitern
an 23 Standorten

WIRTSCHAFTSAUFSCHWUNG IM ZWEITEN PANDEMIE-JAHR

Mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie im März 2020 hatten sich die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen schlagartig geändert. Mehrere Lockdowns konnten die Inzidenzen zwar jeweils senken, brachten aber auch einen erheblichen wirtschaftlichen Abschwung von mehr als minus 7 Prozent mit sich. Auch wenn strenge Pandemie-Maßnahmen nicht immer umgesetzt werden konnten, änderte sich die Situation 2021, weil ab dem Frühjahr ausreichend Impfstoff verfügbar war, die Zahl der Infektionen bei sommerlichem Wetter sank und die Symptome der neuen, seit Anfang 2022 dominanten Variante Omikron in der Regel milder waren. Für die Zeit ab Frühjahr 2021 hatten Wirtschaftsexperten einen Aufschwung prognostiziert, der auch einsetzte und die Wirtschaftsleistung bis Jahresende um 4,5 Prozent erhöhte. In einigen Branchen wurde das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht, in anderen Branchen kam es zu Lieferschwierigkeiten entlang der Wertschöpfungsketten. Die positive Entwicklung wurde durch große staatliche Ausgaben, zum Beispiel für Kurzarbeit, gestützt. Das Budget des Bundes war 2021, nach einem Minus von 8,3 Prozent
im Jahr 2020, erneut übergebührlich belastet, mit einem Minus von 5,3 Prozent. Dies führte zu einer Staatsverschuldung von 82,8 Prozent, ein Wert, der deutlich über dem entsprechenden Maastricht-Kriterium von 60 Prozent liegt. Beim bestehenden niedrigen Zinsniveau kann der Schuldendienst aber noch getragen werden. Die Arbeitslosigkeit lag 2021 bei 6,2 Prozent, unter anderem, weil große Teile des Fremdenverkehrs, der Gastronomie und der Kultur pandemiebedingt noch ruhten. Mit den weiteren Öffnungen verbesserte sich die Beschäftigungslage jedoch, sodass die Quote im Frühjahr 2022 bei 4,9 Prozent und damit unter dem Vor-Corona-Niveau liegt.

PRODUKTION ERREICHT WIEDER VOR-CORONA-NIVEAU

Der allgemeine wirtschaftliche Aufschwung zeigte sich auch in der Papierindustrie. Hatte die Papierproduktion 2020 noch 5,3 Prozent verloren – fast ausschließlich bei den grafischen Papiersorten –, ging die Menge jetzt um 7,3 Prozent nach oben und erreichte 5,1 Millionen Tonnen. Mit der Stilllegung der KM 4 in Hirschwang Ende 2020 war die Kapazität der Branche etwas zurückgegangen, doch mit der verbesserten Maschinenauslastung von über 92 Prozent war ein Zuwachs in allen drei  Sortengruppen möglich. Erfreulich war der kräftige Anstieg von 14,0 Prozent im grafischen Bereich, ein Rebound-Effekt nach dem pandemiebedingten Einbruch 2020. Gleichzeitig setzte sich das Wachstum für Verpackungspapiere, einem mittlerweile mehrjährigen Trend folgend, um 2,1 Prozent fort. Auch bei den Spezialpapieren gab es ein Plus: Die kleinere Sortengruppe, zu der auch die Hygienepapiere gehören, legte um 6,7 Prozent zu – und dies ohne den Toilettenpapier- Hype des Vorjahres. Für das kleine Land Österreich sind solche Produktionsmengen nur durch eine sehr hohe Exportquote möglich, diese lag 2021 bei 88,8 Prozent. Kostenmanagement, Qualität und Kundenorientierung haben einen hohen Stellenwert. Produktionsseitig entwickelte sich die österreichische Papierindustrie etwas über dem europäischen Mittel, das bei plus 5,2 Prozent lag. Die in Europa produzierten 90,2 Millionen Tonnen Papier bedeuten dennoch einen deutlichen Rückgang im Vergleich zu den 102
Millionen Tonnen des Rekordjahres 2007. In diesen Mengen sind die Sektoren ungefähr mit 30 Prozent grafischem, 60 Prozent Verpackungs- und 10 Prozent Spezialpapier gewichtet. Der seit 15 Jahren zu beobachtende Rückgang bei den grafischen Sorten trifft den europäischen Großhandel besonders: Er betreibt seine
Geschäfte überwiegend mit Publikationspapieren.

DAS GASPROBLEM ALS KRIEGSFOLGE

Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges im Februar 2022 haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für ganz Europa und damit auch für Österreich verändert. Das gilt besonders für die energieintensive Industrie. Die öffentliche Aufmerksamkeit konzentriert sich nun nicht mehr vorrangig auf Pandemie, Klimawandel und Inflation, sondern auf Aufrüstung, Russland-Boykott und den Gasbezug. Gerade der letzte Punkt ist für die Papierindustrie, die fast 700 Millionen Kubikmeter Gas pro Jahr für ihre Produktion braucht, entscheidend. Ohne Gas würden alle Werke stillstehen, mit weitreichenden Folgen für Arbeitsplätze, Konsumenten und die nachfolgenden Warenketten. Fehlen zum Beispiel Zeitungen, Verpackungen für Lebensmittel und Medikamente oder Hygieneartikel, ist das gute Funktionieren unserer Gesellschaft bedroht.

EINIGE PROBLEME IN DEN LIEFERKETTEN

Nach den Lockdowns, die veränderte Lebensumstände mit sich gebracht hatten, wurden einige Papierprodukte wieder verstärkt nachgefragt. Insgesamt stieg der Papierverbrauch in Österreich um 4,5 Prozent auf 2,0 Millionen Tonnen. Während das Bedürfnis nach Printmedien tendenziell rückläufig ist, zeigten einige Print-Sparten 2021 deutliche Lebenszeichen, besonders gedruckte Werbung in Katalogen und Prospekten. So bleibt Printwerbung weiter das stärkste Werbemedium, auch wenn Online-Werbung derzeit schneller wächst. Durch die sehr hohe Nachfrage nach Druckpapieren bei gleichbleibender Produktionskapazität in Europa kam es vorübergehend zu Lieferschwierigkeiten, die auch nicht durch Lagerbestände ausgeglichen werden konnten. Die Papierhersteller hingegen kämpften ihrerseits mit Problemen beim Bezug von Zellstoff, Altpapier und Chemikalien zu vertretbaren Kosten. Zu einer positiven Entwicklung im Verbrauch von Verpackungspapieren tragen die Zunahme von Konsumgütern, kleinere Packgrößen im Lebensmittelbereich und der zurzeit boomende Versandhandel bei, aktuell verstärkt durch Quarantäne
und vermehrtes Homeoffice. Ein Wachstumsmarkt innerhalb der Spezialitäten sind Hygienepapiere, die auch weiter eine gute Verbrauchsprognose haben.

NACHFRAGE NACH HOLZ ZUR ENERGIEERZEUGUNG WIRD STEIGEN

In Europa wurden vergangenes Jahr 37 Millionen Tonnen Zellstoff und Holzstoff hergestellt, um 2,2 Prozent mehr als 2020. Einer der wichtigsten Verkäufer von Marktzellstoff ist Finnland, das dafür auch viel Faserholz aus Russland bezieht. Sollte es 2022 in diesem Bereich zu einem längeren Einkaufsembargo kommen, wird das
sicherlich negative Auswirkungen auf die in Europa verfügbaren Tonnagen haben. Im Gegensatz zu anderen Ländern war die Mengenentwicklung beim Frischfaserstoff in Österreich leicht rückläufig, die Produktion fiel um 0,9 Prozent auf 2,0 Millionen Tonnen. Einer der Gründe war ein halbjähriger Sicherheitsstillstand in einem
Zellstoffwerk. Dementsprechend nahm auch die Nachfrage nach dem Rohstoff Holz um 3,8 Prozent auf 8,3 Millionen Festmeter ab. Die benötigte Menge konnte zu über 70 Prozent aus dem Inland bezogen werden. Der Rest stammt zu einem großen Teil aus den grenznahen Regionen der Fabriken, etwa aus Slowenien, Bayern
oder Südböhmen. Ansonsten sind Importe vor allem aufgrund der Angebote von speziellen Sortimenten notwendig – oder auch wegen der mengenmäßigen Begrenztheit im Inland: Durch die gesetzlich geförderte Verbrennung von Biomasse ist die Holznachfrage in den letzten 15 Jahren stark angestiegen. Zugleich kommt der
Holzeinschlag in Österreich seit Jahren nicht über 19 Millionen Erntefestmeter hinaus, 2021 waren es wieder nur 17,8 Millionen. Erfreulicherweise war die Menge an Schadholz mit 3,4 Millionen Festmetern 2021 aufgrund eines kühlen Frühjahrs und des Ausbleibens größerer Sturmereignisse gering. Käferbefall und Windwurf führen
zwar kurzfristig zu einem großen Angebot von Industriefaserholz, sind aber dennoch unerwünscht, weil sie den Lageraufwand erhöhen und die gleichmäßige Marktentwicklung durcheinanderbringen. Mittelfristig wird die Zellstoffproduktion in Österreich weiter steigen, denn an Standorten wie Pöls, Lenzing, Hallein oder
Gratkorn gibt es Pläne zum Kapazitätsausbau. Dazu kommt die politische Notwendigkeit, rasch von russischem Gas unabhängig zu werden. Zur Lösung dieses Problems müssen sicherlich weitere Biomasse-Heizkraftwerke und Pelletsanlagen gebaut werden. Um die Holzversorgung hauptsächlich aus inländischen Wäldern auch zukünftig sicherzustellen, arbeitet die Branche eng mit der heimischen Forstwirtschaft zusammen, besonders dann, wenn nach extensiven Schadereignissen große Mengen Holz abgenommen und eingelagert werden sollen. Zur Diskussion der Klimastrategie  ringt die Papierindustrie Argumente wie Effizienz, Rohstoffunabhängigkeit und Investitions- statt Tarifförderung ein: CO2 soll unter Berücksichtigung von Förderkosten bestmöglich eingespart werden. Der zweite wichtige Rohstoff ist Altpapier – 2021 mit rund 2,5 Millionen Tonnen Einsatz. 40 Prozent der Sekundärfasern kommen aus inländischer Sammlung, der Rest stammt aus Importen. Das Recycling in Österreich und Europa funktioniert prinzipiell gut, die erzielte Rücklaufquote lag 2020 bei 73,9 Prozent. Mit der Erholung der Wirtschaft soll die Sammelquote jedoch wieder in Richtung 80 Prozent gehen und sich damit nah an der Grenze der technischen Machbarkeit bewegen – langfristig genutzte oder verschmutzte Papierprodukte sollen ja gar nicht in den Kreislauf zurückkehren.

PRODUKT-INNOVATIONEN STÄRKEN DIE BIOÖKONOMIE

Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, gehen mehrere Unternehmen im Papierbereich in attraktivere Märkte und in Nischen. Dazu entwickeln sie Papiersorten mit neuen Eigenschaften für spezielle Anwendungen besonders im technischen Bereich und in der Verpackung. Für Zellstofffabriken ist Dissolving Pulp, aus dem Textilgarne hergestellt werden, eine alternative Möglichkeit zur Wertschöpfung. Die Bioraffinerie entwickelt weitere Möglichkeiten, um die Holz- Bestandteile Zellulose und Lignin besser zu nutzen und hochwertigere Faserprodukte, Chemikalien und Brennstoffe, speziell Bioethanol, daraus zu machen. Besonders Fabriken, die Biolauge oder -schlämme zur Verfügung haben, verbessern ihren Umsatz, wenn sie Strom einspeisen oder Fernwärme für nahe gelegene Kommunen auskoppeln, zuletzt im Wert von rund 30 Millionen Euro. Die künftige Nutzung freier Abwärmepotentiale und ein verbesserter Zugang in den Markt für das Engpass-Management im Stromnetz wären weitere Beiträge zur Erreichung der Klimaziele und zu einer höheren europäischen Energie-Autarkie.

STEIGENDE DURCHSCHNITTSERLÖSE

2021 und besonders zu Jahresbeginn 2022 stiegen die Durchschnittserlöse für eine Tonne Papier steil bis über 900 Euro. Haupttreiber dieser Entwicklung waren die erheblichen Verteuerungen bei mehreren Vorprodukten und -leistungen. Das betraf Zellstoff, Altpapier, Chemikalien, Logistik und besonders Energie. Mehr Einblick
in die Kostenentwicklung für Energie inklusive Netzgebühren, Steuern, CO2-Kosten und Ökostromförderung erhalten Sie im Energie-Lexikon ab Seite 8. Bei sinkender Mitarbeiterzahl betrug die Lohn- und Gehaltssumme unter 470 Millionen Euro, das ist ein Rückgang um 1,6 Prozent. Ein von den Unternehmen häufig genanntes
Problem ist die Bürokratie: Die Betriebe müssen immer mehr Zeit und Mühe aufwenden, um alle geforderten Unterlagen und Nachweise zu führen.

SOLIDE ERGEBNISSE IN DER KRISE

Der Umsatz der Branche entwickelte sich erfreulich, er stieg um 15,2 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro. Das Plus erklärt sich zum einen durch die wachsende verkaufte Tonnage, zum anderen durch die hohe Inflation. Das konsequente Kostenmanagement der Papierfabriken half in vielen Fällen, die Ergebnisse dennoch positiv zu halten.
Die starke Krisen-Performance der in Österreich tätigen Papierunternehmen liegt aber auch an einer soliden Eigenkapitalquote 0 von fast 50 Prozent – 10 Punkte über jener der Gesamtindustrie.