Papierindustrie fordert echte Entlastungen bei Energiekosten

Österreichs Papierindustrie ist von den exorbitanten Energiepreisen enorm betroffen. Trotz hohem Anteil an erneuerbaren Energieträgern sind viele Unternehmen auf Gas angewiesen. In allen Werken laufen Projekte, um von fossilen Energieträgern weniger abhängig zu werden. Kurzfristig benötigt die Industrie jedoch rasche Entlastungen, um die Produktion aufrecht zu erhalten. Ein Importstopp von Gas hätte existentielle Auswirkungen – nicht nur auf die Betriebe und ihre Mitarbeiter:innen, sondern auch auf die Fernwärmeauskopplung und die Versorgung mit Hygieneprodukten, in Papier verpackten Lebensmitteln und Medikamenten.

Die energieintensiven Unternehmen der Papierindustrie zahlen derzeit bis zu zehnmal mehr für Strom und Gas als noch im Vorjahr. Trotz ihres schon sechzigprozentigen Anteils von erneuerbaren Energieträgern ist die Papierindustrie noch immer stark von Gas abhängig. „Unternehmen mit integrierter Zellstoffproduktion tun sich hier leichter. Sie können die anfallenden Reststoffe energetisch nutzen. Bei Papierfabriken, die auf Altpapierbasis produzieren oder Zellstoff zukaufen müssen, sind Gaskraftwerke, die Strom und Wärme produzieren die beste verfügbare Technik, weil sie hocheffizient sind und geringe CO2-Emissionen verursachen“, erklärt Kurt Maier, Präsident der Austropapier. Die Unternehmen versorgen mit der selbst erzeugten Energie neben der eigenen Produktion auch Gebäude in der Umgebung. Diese ausgekoppelte Energie entspricht dem Strom- und Wärmebedarf von 100.000 Haushalten.

Aufgrund der exorbitant gestiegenen Energiepreise mussten aber bereits erste Unternehmen ihre Produktion vorübergehend einstellen. Andere haben Kurzarbeit angemeldet. Die bisher von der Regierung angekündigten Entlastungsmaßnahmen helfen nicht ausreichend. „Die einzige Maßnahme, die uns bisher wirklich etwas bringt, ist die Aussetzung der Ökostromförderkosten. Alle anderen – wie die Senkung der Energieabgaben – sorgen zwar für zusätzliche Liquidität, sind aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Max Oberhumer, CEO Sappi Gratkorn. „Um sicherzustellen, dass wir nicht weitere Betriebe stilllegen müssen, brauchen wir jetzt weitere Schritte zur Entlastung, zum Beispiel eine rasche Umsetzung der indirekten CO2-Kostenkompensation.“ Das würde bedeuten, dass energieintensive Unternehmen die von Stromlieferanten eingepreisten CO2-Kosten rückerstattet bekommen. Von der EU längst genehmigt, machen viele Staaten – z.B. Deutschland, Frankreich und Italien – bereits davon Gebrauch. Eine weitere Möglichkeit, die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben, sieht Max Oberhumer in der Zweckwidmung der CO2-Erlöse für Dekarbonisierungsprojekte der Industrie.

Die Papierindustrie ist ein Vorreiter der industriellen Ökoenergieerzeugung. Bereits heute kommen zehn Prozent der gesamten in Österreich aufgebrachten erneuerbaren Energie aus der Papierindustrie. Und in allen Unternehmen laufen Projekte zur Energieeinsparung und zur Umstellung von fossiler auf erneuerbare Energie. So geht bereits im April bei Norske Skog in Bruck ein Reststoffverwertungskessel in Betrieb und Sappi in Gratkorn baut gerade an einem Biomassekraftwerk zum Ersatz des Kohlekessels. Viele Fabriken haben längst PV-Anlagen auf ihren Dächern, so etwa Rondo Ganahl, Laakirchen oder Pöls. In Lenzing wurde soeben auf einer alten Deponie die größte PV-Freiflächenanlage Oberösterreichs genehmigt. „Um weitere solche Projekte zu ermöglichen und die Dekarbonsierung in der Industrie voranzutreiben, sind schnelle und unbürokratische Genehmigungsverfahren das Gebot der Stunde“, sagt Enzo Zadra, CEO Norske Skog Bruck.

Die größte Sorge der Unternehmen ist aber der plötzliche Stopp der Gasimporte. Dann käme es zu Produktionsausfällen und auch zu einem Entfall der Energielieferungen an externe Verbraucher:innen. Über kurz oder lang bedeutet das auch einen Engpass bei Hygieneprodukten, in Papier verpackten Lebensmitteln und Medikamenten sowie Zeitungen und Magazinen.

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Max Oberhumer
Geschäftsführer Sappi Gratkorn

kurt maier pressefoto 2020

Kurt Maier
CEO Heinzel Group

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Enzo Zadra

Geschäftsführer Norske Skog Bruck

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Patrick Mader
Referent Statistik, Austropapier

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